Einblicke

Das Denkmal und die Demokratie

Heute ist internationaler Denkmaltag. Im Rahmen unserer Blogserie zum Wettbewerb „Gebaute Orte für Demokratie und Teilhabe“ möchte ich daher über den Zusammenhang von Denkmälern und Demokratie nachdenken.

Der Begriff des Denkmals versammelt zum einen historische Zeugnisse wie schützenswerte Kulturgüter, Statuen oder Monumente und zum anderen Mahnmale und Gedenkstätten, die an bestimmte Ereignisse erinnern.

Denkmäler spielen für die Demokratie eine doppelte Rolle. Erstens gehören sie zum öffentlichen Raum, in dem ein bedeutender Teil unserer Demokratie ausgehandelt wird. Sie sind historisches Kulturerbe und Sehenswürdigkeiten und daher – mit den Worten der Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann – „internationale Orte der Begegnung“, die den Kontakt mit dem „Anderen“ auf mehreren Ebenen ermöglichen. Im besten Fall lernen wir also bei ihrem Besuch zum einen etwas Neues über die Vergangenheit und tauschen uns dabei zum anderen (direkt oder indirekt) mit Anderen aus. Zweitens erinnern Denkmäler an historische Gegebenheiten und geben gegenwärtigen demokratischen Diskursen einen Rahmen. Sie sind also Gedächtnisstützen, die auf ein Ereignis, eine Person oder einen historischen Zustand verweisen, somit Teil der gesellschaftlichen Erinnerungskultur und bieten Orientierung für politische und normative Aushandlungen in der Gegenwart.

Unsere politische Kultur baut auf ein Fundament, das aus der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit besteht: Nur die Anerkennung vergangener Verbrechen, die insbesondere zu Zeiten des Nationalsozialismus begangen wurden, ermöglicht es uns, eine plurale, tolerante und offene Gesellschaft zu pflegen. Erinnern und Gedenken sind maßgeblich für unsere kollektive demokratische Identität und helfen dabei, uns klar gegen antidemokratische Haltungen zu positionieren. Dieser demokratische Konsens, der als Grundlage für jedwede weitere gesellschaftliche Aushandlung fungiert und zur Bildung einer demokratischen Zivilkultur führt, beruht auf einem kollektiven Gedächtnis. Gegenwärtig aufkommende (verbale) Angriffe auf die Erinnerungskultur, Denkmäler und Gedenkstätten sind als Angriff auf ebendiesen demokratischen Konsens zu verstehen.

In erster Linie ermöglichen Denkmäler, die an politische und humanitäre Verbrechen erinnern, die Anerkennung des Leids der Opfer und sollten nicht politisch instrumentalisiert werden. Dennoch verlangen die Erinnerungen, die durch Denkmäler im Bewusstsein gehalten werden, nach politischen Konsequenzen in der Gegenwart. Sie verlangen danach, dass wir unsere Geschichte ernst nehmen und daraus lernen. Aktuelle gesellschaftspolitische Ereignisse müssen immer wieder in diese Kontexte der Vergangenheit gesetzt werden, um den demokratischen Konsens zu wahren. Denkmäler helfen dabei und bilden deshalb eine wichtige Stütze für unsere Demokratie.

– Sophie Hogeback, 18.04.2020